Digitalisierung von Negativen

Man ist von der Digitalfotografie so verwöhnt ...


Der PC und der Monitor sind heute für einen Fotografen unverzichtbare Werkzeuge geworden, die Vorteile daraus will man auch bei der analogen Fotografie nicht missen. Kleine Fehler korrigieren, das Optimale aus den Fotos herausholen, die tollen analogen Fotos im Internet zeigen und natürlich die einfache, elektronische Archivierung - Argumente für die Digitalisierung.

Meine Schritte zum guten, digitalen Analogfoto in analoger (!) Reihenfolge:

  1. Erste Versuche habe ich mit einem geliehenen reflecta ProScan 4000 gemacht, der trotz der geringen Auflösung von 2.100 dpi ordentliche Resultate lieferte. Er war groß, laut, langsam, scannte dafür Filmstreifen mit mehreren Fotos in einem Zuge - schlecht, wenn man nur ein Foto haben wollte. Einzelne Negative mussten vorher in Diarahmen gespannt werden. Dazu war die Farbkorrektur nicht so überragend.
  2. Für meine ersten s/w-Negative aus den Oldtimerkameras reichte dann zunächst der Profi-Scan vom Fotohändler mit 5,8 Megapixeln aus. Die Bildqualität schwankte stark (Kontrast, Belichtung), dazu waren einige Negative hinterher nicht mehr fehlerfrei. Das war nicht zufriedenstellend, der Dienst ist zwischenzeitlich eingestellt.
  3. Es gibt auch allerlei technische Hilfsmittel, wie Die Vorsätze stammen noch aus den uralten Zeiten, in denen man Dias kopiert hat. Sie sind für Vollformat gerechnet und haben bei meinen DX-Kameras (D90, D500) den Nachteil, dass mit normalen Objektiven keine 100-%-Abbildung der Negative erreicht werden kann, der Abstand ist zu kurz. Der Nikon Digitalisierungsvorsatz für Dias und Negative "ES-2" soll gute Ergebnisse liefern. Er ist mit ca. 160 Euro ziemlich teuer. Dazu benötigt man für DX das 60mm Mikro-Nikkor, ein Objektiv, das ich sonst wirklich nicht brauche.
  4. Es blieb noch das Abfotografieren der Negative. Die virtuelle Pirsch brachte mich auf diese eher technisch orientierten Seiten: Sehr praxisorientiert und einfach in der Handhabung aber in Englisch:
  5. Nach einigen Experimenten und stundenlangem Suchen im Internet fand ich die Bauanleitung für den DIY Shoebox Negative Film Scanner.
    Einzelheiten zu meinem Schuhkasten-Scanner weiter unten.

Das war lange Zeit mein Arbeitsgerät zum Digitalisieren meiner Negative. Aber irgendwie noch nicht die finale Lösung, um alte und insbesondere auch neue Negative in Farbe oder schwarz-weiß zu digitalisieren.

Über eine regionale Kleinanzeige habe ich einen Reflecta CrystalScan 7200 (KLICK für Foto) günstig kaufen können. Er liefert für meine Ansprüche sehr gute Ergebnisse bei Farbe oder monochrom.
Ich scanne nur mit 3.600 dpi, reicht bis DIN A4 vollkommen aus. Die Nachbearbeitung in PSE oder LR beschränkt sich auf das Zuschneiden der .tif-Dateien, leichte Korrekturen bei Kontrast, Tonwert, Rauschen und Schärfe. ICE ist gut, manchmal korrigiert sie auch zuviel - etwas manuelle Nachbearbeitung ist meist nötig. Die .tif-Dateien haben ca. 17 MP und werden mit 300 dpi als .jpg gespeichert.

Gegenüber dem Abfotografieren sehr viel einfacherer Workflow. Das Ergebnis zeigt die besten Farben aller meiner Versuche mit dem geringsten Aufwand.

Scan nach vollständiger Bearbeitung

Das Foto lässt sich durch Anklicken vergrößern.


Mein DIY - Negativscanner

Erste Ausbaustufe

Ich habe mich an die Anleitung gehalten und den Schuhkarton nur zur Aufnahme der Lichtquelle (ferngesteuertes Blitzgerät) genutzt, der Negativhalter war vor dem Karton montiert. Nachteilig sind Probleme mit gleichmäßiger Ausleuchtung des Negativs aus dem Inneren des Kartons und Streulichteinfluss auf das frei liegende Negativ.

Es bedurfte einer Nachbesserung.

Schuhkarton-Negativ-Scanner

Zweite (aktuelle) Ausbaustufe

Um die Nachteile zu beheben, habe ich den Karton umgedreht und erheblich verkleinert. Das Objektiv guckt jetzt in die Box, kein Streulicht mehr. Zur Beleuchtung hinter dem Negativ setze ich die Somikon LED-Leuchte ein, als Diffusor dient eine opale Scheibe (vom Glaser für 4 Euro) auf einem selbstgebauten Sockel.

Das sieht dann so aus und funktioniert prächtig.

DIY Negavit-Scanner DIY Negavit-Scanner DIY Negavit-Scanner DIY Negavit-Scanner

Der Karton war mal ein sehr stabiler Schuhkarton. An der hinteren Seite ist ein Loch, vor das ich den Dia-/Negativhalter eines älteren Hama-Diabetrachters mit Schrauben waagerecht angebaut habe. Damit der Negativstreifen nicht wackelt, sind rechts und links davon kleine Führungen angebracht.
Die Vorderseite ist mittig ausgeschnitten in der für mein Makro-Objektiv erforderlichen Größe. Die Schnittkanten wurden mit Isolierband abgeklebt, staubt nicht und sieht auch besser aus.
Das ganze Konstrukt wird am Schreibtisch fixiert (Schraubzwinge und Brettchen), damit es nicht verrutscht und der Fokus der Kamera sich nicht verändert.

Kamera- und Lichteinstellungen:

Das Negativ wird spiegelverkehrt von der stumpfen Seite abfotografiert, da auf dieser Seite des Negativs die Informationen liegen und man nicht durch das Trägermaterial fotografieren muss. Das abfotografierte Negativ muss daher vor Bearbeitung in der EBV gespiegelt werden.

RAW, Kamera auf Stativ, Tamron 90mm Makro, VR aus, ISO 100, WB 5.000K (Lichttemperatur der Somikon-Leuchte), Fernauslöser, Blende 8 bis 11, mittenbetonte Belichtungsmessung, Sucher schließen, Live-View, AF-Messung bei jedem Negativ neu. Kamera so parallel wie möglich zur Filmfläche ausgerichten. Bei Farbnegativen Filterung mittels eines Farbkorrekturfilters KB12 (blau).

Rohscan ohne KB12 Rohscan mit KB12

Oberes Foto ohne, unteres Foto mit KB12 gescannt - der Rot-Orange-Stich des Filmstreifens ist bereits weitgehend neutralisiert und gibt in der EBV mehr Spielraum für den Weißausgleich.

Mit diesem abfotografierten Negativ geht es jetzt in die EBV.


Bearbeitung der gescannten Negative

1. Farbnegative

Erster Lösungsversuch - erfolgreich aber aufwändig

Importieren des Negativs in Lightroom, Umkehrung (invertieren) der Gradationskurve - links hoch, rechts runter. Damit werden auch die Tonwert-Regler gegeneinander vertauscht:

Lichter
=>
Tiefen
Tiefen
=>
Lichter
Weiß
=>
Schwarz
Schwarz
=>
Weiß

Damit sieht das schon etwas besser aus.

Scan nach Gradationsumkehr

Nach Weißabgleich (Pipette ca. auf Neutralgrau im Foto), Ausschneiden des Fotos und Anpassung der Endpunkte der Gradationskurve (links und rechts je nach innen schieben, Kontrolle der Lichter und Tiefen auf Monitor) sieht es dann so aus:

Scan nach grober Bearbeitung

Jetzt kommt noch etwas Feinschliff, Lichter, Schatten, Kontrast, etwas mehr Klarheit und Dynamik, Rauschen raus, Schärfe rein. Dann noch in PSE die Fehler wegpinseln.

Scan nach vollständiger Bearbeitung

Das Foto lässt sich durch Anklicken vergrößern.

Zweiter (aktueller) Lösungsversuch - einfacher in der Handhabung

Kombination von Lightroom 6.x und Photoshop Elements 15 in Anlehnung an die obigen, englischen Videos.

  • Importieren des Negativs in Lightroom und horizontal spiegeln.
  • Gerade ausrichten und ausschneiden des Fotos in LR (Freistellen in PSE vergrößert den Ausschnitt digital auf die Größe des Originals) => R
  • Foto als Kopie in PSE öffnen => Strg (+ Alt) + E
  • Invertieren des Negativs => Strg + I
  • Tonwertkorrektur öffnen => Strg + L
    Die Farbkanäle R, G und B jeweils von links und rechts zusammenschieben, dabei die Alt-Taste drücken, um die Grenzwerte zu sehen. Funktioniert zu 99 % auch mit Auto-Taste, danach noch in RGB Mittenkontrast anpassen - nach Augenmaß und Geschmack
  • Gegebenenfalls (testen)
    Auto-Farbkorrektur (Farbstich entfernen) => Umsch + Strg + B
    Auto-Dunstentfernung (Klarheit und Kontrast erhöhen) => Alt + Strg + A
  • Foto auf 100 % vergrößern (Strg + 1 / Strg + Pos1) und mit Bereichsreparatur-Pinsel (J) Staub und Kratzer entfernen
  • Entrauschen und schärfen in Topaz DenoiseAI
  • Foto in PSE schließen und speichern => Strg + W
  • Ggf. in LR Farbtemperatur (automatisch), Tonwert und Kontrast anpassen

Das Ergebnis unten hat meines Erachtens natürlichere Farben und ist einfacher zu erzielen.

Scan nach vollständiger Bearbeitung

Das Foto lässt sich durch Anklicken vergrößern.

Diese Art der Bearbeitung geht leicht von der Hand, die einzelnen Schritte sind schnell im Kopf. Auf diese Weise sind die mit den Vintage-Kameras aufgenommenen Farbfotos bearbeitet.

2. Schwarzweiß-Negative

Hier entfällt die Farb-Problematik, daher bearbeite ich die Negative in LR.
Die Bearbeitung von s/w-Negativen erfolgt quasi wie in dem obigen, ersten Lösungsversuch für Farbnegative. Die Farbanteile werden aus den Scans entfernt, die Negative invertiert und die Helligkeit, Klarheit und Kontrast angepasst (Augenmaß). Erst zur Entfernung von Staub und Kratzern werden die Fotos in PSE geöffnet und bearbeitet.


Ich bin zufrieden mit dem Ergebnis.
Ich habe mir selbst auferlegt, die digitalen Negative nur ganz zart anzupassen, um den Analogcharakter zu erhalten. Es ist zwar viel Arbeit, aber es macht auch Spaß, wenn das Ergebnis überzeugt.


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